
An der Farbe eines Weines kann ich erkennen, ob er oxidiert ist, ob er blass oder kräftig ist. Viele Weißweine sind heute sehr hell, was sicher auch daran liegt, dass zuviel im Keller nachbehandelt wird. Unsere Weine bekommen dagegen keine Schönung, sondern Zeit. Durch natürliche Sedimentation klären sich die Weine im Tank von selbst. Wir filtrieren nur einmal, bei der Abfüllung.
Überhaupt nicht. Trendige Orange-Weine muss ich nicht mitmachen. Sie sind spontan vergoren, da muss man als Winzer ziemlich Glück haben. Es gibt nur wenige, die das beherrschen. Wenn man wie bei der Spontanvergärung alles sich selbst überlässt, hat sicher jeder fünfte oder sechste Wein eine Fehlgärung und ist für mich eigentlich unverkäuflich.
Ich arbeite für alle Sorten mit der gleichen Reinzuchthefe, die relativ neutral vergärt. Die geschmacklichen Unterschiede der Rebsorten treten somit in den Vordergrund. Die Hefe hat bei uns wenig Einfluss auf den Geschmack. Es sind aber tatsächlich Hefen auf dem Markt, mit denen ich aus einem Gutedel einen Wein machen kann, der nach Maracuja schmeckt oder was weiß ich. Das brauche ich überhaupt nicht.
Für mich ist natürlich der Geschmack das Wichtigste. Aber ich kann sehen, wie die Beeren reifen. Wenn sie sich verfärben, erkenne ich beim Gutedel sehr gut, wann die Zeit gekommen ist für die Lese.
Beim Spätburgunder ist die Farbe sehr wichtig. Manche Jahrgänge sind für meinen Geschmack zu dunkel, man hat fast das Gefühl, es sei etwas anderes im Glas. Die Farbe entsteht durch das Licht und die Temperatur. Wenn wir zu wenig Laub wegschneiden, werden sie heller. Ein paar Unterschiede von Jahr zu Jahr sind erwünscht. Bei uns muss nicht jedes Jahr alles gleich schmecken und aussehen wie bei den großen Weinmachern.




Gutedel ist nach wie vor unsere Hauptsorte. Und dann kommen Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay und Spätburgunder. Wobei die Beliebtheit des Grauburgunders in den letzten Jahren enorm gestiegen ist.
Zuerst schaue ich zum Himmel und ob das Wetter gut ist. Das ist immer das Erste, zu jeder Jahreszeit. Man plant ja für diesen Tag und da ist das Wetter entscheidend. Ich entscheide dann, ob ich in den Weinbergen arbeiten kann oder ob ich den Tag lieber mit Etikettieren verbringe.
Dann sehe ich auch gern mal ein Bier. Wenn wir im Sommer von der Arbeit zurückkommen, freue ich mich darauf. Aber dann trinken wir schon noch ein Glas Wein.
Die Familie Ruser pflegt seit zwei Generationen eine enge Freundschaft zur Familie Zickenheiner. Diese geht weit über die geschäftliche Beziehung hinaus. Unsere Familie ist zwar schon seit Generationen mit der Landwirtschaft verbunden, aber als Weingut existieren wir erst seit meiner Zeit. In den 1980er Jahren konzentrierten wir uns hauptsächlich auf Obstbau, was damals sehr profitabel war. Als jedoch die großen Lebensmittel-Discounter den Markt dominierten, brachen die Preise ein. 1995 traf ich deshalb die Entscheidung, vom Obstbau auf Weinbau umzustellen – rückblickend die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.
Ich habe es mir selbst beigebracht. Am Anfang eher schulmäßig, ich hatte nur ein Lehrbuch vom Großvater, mein Vater war nicht so an Wein interessiert. Mir ging es in dieser Zeit vor allem darum, einfach mal auszuprobieren – worauf kann ich verzichten, was brauche ich wirklich.
Nein, nie. Einmal waren Experten vom Weinbauinstitut bei mir. Was Sie hier mit diesen kalkhaltigen Lehm- und Lössböden machen, funktionere anderswo eigentlich nicht, haben sie mir gesagt. Wo ich das Weinmachen gelernt hätte, haben sie gefragt. Ich habe Ihnen geantwortet, dass ich mir das selber beigebracht habe. Machen sie weiter so, hat einer dann gesagt (lacht).
Das würde auch heute noch gehen. Beim Weinbau muss man gewisse Regeln beachten: Du musst sauber arbeiten und brauchst gutes Material am Rebstock. Und eine gute Disziplin beim Sortieren im Herbst. Meine Weine sind alle ausgebaut, wie sie gewachsen sind.


Das Erscheinungsbild ist ganz wichtig. Damit jeder weiß, was drin ist und wofür wir mit unserer Handschrift stehen. Ich kann auf einen Tisch 15 Flaschen von 15 Weingütern stellen, alle mit klassischen oder modernen Etiketten und stelle eine von uns dazwischen. Wenn man zehn Meter nach hinten geht, dann vermischt sich alles. Aber eins sticht immer heraus und das ist unseres.
Es gab durchaus Reaktionen, dass Kellermeister von Winzergenossenschaften mich auf mein „Scheiß-Etikett“ angesprochen haben. Es sei ja schon gut, was ich mache, hat einer gesagt, aber mit dem Erscheinungsbild kann ich die Weine nicht verkaufen.
Du arbeitest nur im Keller, hab ich zu ihm gesagt. Glaub mir, dieses Etikett wird sich durchsetzen.